Alles ein bisschen viel

Episode 86
36:06

Wie du Familie und Job besser vereinbaren kannst – und warum echte Veränderung nur gelingt, wenn alle mitdenken.

Vereinbarkeitsexpertin Tabea Reicher im Interview.

(00:00) – Wenn plötzlich nichts mehr passt
Wie Tabea den Kontrollverlust nach der Geburt erlebte – und was du tun kannst, wenn dich Elternschaft mental überfordert.

(04:13) – Du bist deine eigene Kundin
Warum es kein Zeichen von Schwäche ist, Hilfe zu brauchen – und wie du aus deiner eigenen Geschichte Kraft für Veränderung schöpfen kannst.

(10:00) – Vor dem ersten Kind war ich gnadenlos
Weshalb Vorurteile oft aus Unwissen entstehen – und wie du mehr Verständnis in Freundschaften und im Job entwickelst.

(15:01) – Ich wollte es allen zeigen
Warum Selbstoptimierung in die Erschöpfung führt – und was es wirklich braucht, um Familie und Beruf langfristig zu meistern.

(25:14) – Kontakt kostet nichts, bringt alles
Wie Unternehmen Eltern besser unterstützen können – und was du tun kannst, damit dein Wiedereinstieg nicht zur Demütigung wird.

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Transkript:

Tabea: [0:00] Ich gehe mit dem Kinderwagen mit den Kindern spazieren oder am Spielplatz und es ist allen wurscht. Mein Partner geht mit dem Kinderwagen mit den Kindern spazieren oder am Spielplatz und er wird bejubelt nach so einem toller Vater. Papa Mia. Reine Männersache. Bernhard: [0:17] Der Podcast von Papas für Papas und für alle, die Papas mögen. Klingt cool, ist es auch. Das ist Papamir, das ist der Podcast, der Family Great Again machen will, der dir auch zeigt, dass Familie kein Hemmschul im Erwerbsleben sein muss, sondern vielleicht sogar ein Erfolgsbooster sein kann. Heute spreche ich mit Tabea Reicher, die mittlerweile beruflich genau da ansetzt, wo es am meisten klemmt. Bei der Rückkehr in den Job nach der Elternzeit oder Karenzzeit, wie wir in Österreich sagen. Sie ist Vereinbarkeitsexpertin, ihr Programm heißt Alles ein bisschen viel und man kann sich ja schon ganz gut vorstellen, was da dahinter steckt. Sie ist Mitte 30, hat zwei Kinder, wie alt sind sie? Tabea: [0:58] Zwei und vier. Bernhard: [0:59] Zwei und vier und sie berät Unternehmen und Eltern mit dem Ziel, dass es allen besser geht. Mamas, Papas und auch den Unternehmen. Was ich für euch in der Folge herausfinden möchte, wie soll das bitte funktionieren? Was hat sie für sich geändert, um besser mit Familie und Erwerbsleben umzugehen? Und warum machen das dann noch nicht alle, wenn es eh geht? Sehr spannend ist es. Willkommen, Tabea Deicher. Schön, dass du da bist. Tabea: [1:22] Vielen, vielen Dank für die Einladung. Bernhard: [1:25] Ich habe schon angeteasert, dein Programm, das du hast, nennt sich alles ein bisschen viel. Erklär mal ganz kurz, wie kam es dazu? Was steckt da dahinter? Tabea: [1:35] Ich versuche mich kurz zu halten. Bernhard: [1:36] Ich bremse dich ein, wenn es nicht geht. Tabea: [1:39] Ich kann ja unbedingt einbremsen, wenn es zu viele Details und zu sehr in die Tiefe geht. Wie bin ich dazu gekommen? Ich habe immer sehr, sehr gerne gearbeitet. Also dieses typische Ding von erst im Büro, als letztes wieder gegangen, immer aufgezeichnet, um gegen Aufgaben und weitere Aufgaben zu erfüllen. Und habe ich mit der Arbeit immer sehr identifiziert. Tabea: [1:57] Bin glücklicherweise schwanger geworden. Wir sind schwanger geworden. Es war ein Wunschkind, hat super funktioniert. Eine grandiose Schwangerschaft, also ohne Übelkeit oder sonst wie was. Und trotzdem habe ich gemerkt, irgendwie bin ich nicht ganz so glücklich, nicht ganz so zufrieden, weil ich auf einmal gemerkt habe, ich habe die Rolle nur mehr Mama übergestülpt bekommen. Und dieses nur mehr Mama hat mir eine Identität, nämlich dieses, ich bin ja Tabea, ich habe ja andere Dinge auch noch, die ich kann, ist mir einfach genommen worden. Im krassen Kontrast zu meinem Mann, bei dem alles gleich geblieben ist. Das hat mich sehr geschmerzt, ich habe die erste Karenz sehr schwer genommen, jetzt rückblickend schwerer, als ich sie hätte eigentlich nehmen können und hätte, also ich hätte sie einfach leichter nehmen sollen, habe sie aber nicht so annehmen können, weil sehr viele Kämpfer auszufechten waren mit, ich bin immer noch die Tabea und ich kann immer noch alles und ich schaffe alles und ich brauche keine Hilfe. Und puh, es war alles ein bisschen viel. Ich mache einen ganz großen Sprung, weil sonst geht es tatsächlich zu sehr in die Tiefe. Im Laufe meiner Recherche bin ich draufgekommen und es ist tatsächlich belegt, eine von drei Müttern kehrt aus der Elternkarenz nicht ins Unternehmen zurück. Und ich scheine in dieser Statistik zweimal auf. Tabea: [3:09] Die Top 3 Gründe gesellschaftlich gesehen ist die fehlende Vereinbarkeit, ist die fehlende Wertschätzung und ist der Karriereknick. Ich schaue in dieser Statistik zweimal auf. Einmal aufgrund der fehlenden Vereinbarkeit und einmal der Karriereknick. Und so bin ich zu alles ein bisschen viel gekommen, um Unternehmen zu unterstützen, weil ich sage, natürlich kann man alles an die Familien auslagern. All die Vereinbarkeit, all die Effizienz etc. Nur es wird trotzdem nicht funktionieren. Das Unternehmen hat auch eine gewisse Verantwortung, abgesehen davon, dass es wirtschaftlich gar keinen Sinn macht, diese eine von drei Müttern gehen zu lassen, wenn sie doch davor auch schon gute Arbeit geleistet hat. Bernhard: [3:49] Okay, aber das heißt konkret, du hast aus der Not heraus, oder Not, ich sage jetzt einmal, aus deinen negativen Erfahrungen, die du gemacht hast, eigentlich so versucht, ein Businessmodell zu machen, oder? Du hast ein Businessmodell, du hast nicht versucht und du machst ein Businessmodell heraus. Das Business-Modell schaut wie aus? Mit wem arbeitest du und was willst du konkret lösen? Tabea: [4:13] Das ist ganz lustig. Ich habe zu Mittemich einem Freund gesagt, ganz am Anfang, wie ich begonnen habe, alles ein bisschen viel zu überlegen, was könnte dein Business-Case sein. Tabea, du bist deine eigene Kundin. Du weißt, was du brauchst. Du weißt, was du gebraucht hättest. Da habe ich auch noch mit ganz, ganz vielen anderen Leuten gesprochen. Was hättet ihr denn eigentlich gebraucht? Und die Idee dahinter ist, dass wir mit Führungskräften, aber auch mit Eltern im Unternehmen arbeiten. Eltern, weil da sehr viele Themen aufkommen von, wir haben vorhin kurz besprochen, Identität, aber auch genauso, wie sieht ein geordneter Übergang aus vor der Karenz? In die Karenz reingehend. Wie kann ich mit dem Arbeitgeber in Kontakt bleiben? Wie kann ich sichtbar bleiben? Wie gerate ich nicht in Vergessenheit? Und dann aber vor allem, wenn es um das Wiedereinstiegsgespräch mit meiner Führungskraft geht, was kann ich, was will ich, was brauche ich, was sind die Rahmenbedingungen, sodass ich tatsächlich auch wieder einsteigen kann und das Ganze nicht zu groß und zu erschlagend wirkt, sondern ganz im Gegenteil, wir gehen Schritt für Schritt, wir bröseln alles auf, damit der Wiedereinstieg nicht so um Himmel fühlen, um Gott ist, sondern wir kriegen das alles gebacken, weil auch wenn alles ein bisschen viel ist, mit der richtigen Unterstützung ist alles machbar. Tabea: [5:22] Ich muss trotzdem noch einen zweiten, dritten Satz dazu sagen. Das ist nämlich die eine Schiene, dass wir sagen, natürlich mit den Eltern arbeiten, weil sie diejenigen sind, die es tagtäglich betrifft. Es ist viel wichtiger, mit der Führungskraft zu arbeiten. Wir sagen immer, die HR kann sich dumm und deppert laufen, sie kann die besten Initiativen starten. Wenn die Führungskraft es nicht verstanden hat oder verstehen möchte oder gut gemeinte Bilder im Kopf hat, wird sie das Elternteil nicht mehr ins Team integrieren, wird nicht die guten Projekte übergeben, wird nicht was auch immer machen. Das heißt wirklich, wir arbeiten ganz, ganz fokussiert auch mit den Führungskraften in deren Lebenssituation und Lebensrealität. Was braucht ihr, wie können wir euch unterstützen, damit das Elternteil gut wieder ins Team integriert wird und dementsprechend gut performen kann? Bernhard: [6:09] Gehen wir ein bisschen zurück zu dem Moment, bevor du Kinder hattest. Bevor du sozusagen mit all diesen Herausforderungen konfrontiert wirst. Ich sage bewusst nicht Probleme wirst. Es gibt immer nur Herausforderungen und Lösungsfelder und was auch immer. Ich kann mich aus eigener Erfahrung erinnern, dass ich, bevor ich Kinder hatte, auf Eltern, die, was auch immer, nur halbtags arbeiten oder bei irgendwelchen Sachen da nicht dabei sind, weil es ja noch andere Verpflichtungen gibt, habe ich mir gedacht, na gut. Die wollen offenbar nicht. Habe ich mich selbst dabei ertappt, muss ich ganz ehrlich sagen. Wie hast du da getickt? Kannst du dich an sowas erinnern? Hattest du da Verständnis immer schon? Tabea: [6:46] Ich kann mich sehr gut daran erinnern, teilweise auch mit einem sehr schlechten Gewissen, wie ich über andere gerichtet habe. Bernhard: [6:55] Geurteilt, ja. Ja, wie auch immer. Tabea: [6:57] Wie ich geurteilt habe. Da gibt es eine ganz, ganz konkrete Situation, wo tatsächlich eine Freundschaft auseinandergegangen ist, weil ich einer Mutter eine Jobausschreibung geschickt habe mit, hier, das würde einfach perfekt zu dir passen. Und sie das gleich abgelehnt hat, weil es eine Vollzeitstelle war. Für mich war das ein, dann geht halt dein Mann in Teilzeit oder sprich mit ihr, denk drüber nach, was denn diese Möglichkeiten wären, um das machen zu können, wenn es dich interessiert. Es ist aber von Anfang an abgeblockt worden. Bernhard: [7:28] Wobei, da ist dann eine weitere Ebene dabei, weil dieses Sprich mit deinem Mann ist ja tatsächlich eine Option. Also man muss sich das natürlich anpassen an die Lebens... Welten, in denen man gerade ist. Wenn da jetzt, höre ich zum Glück auch in vielen, vielen Beziehungen, die auf Augenhöhe passieren, dass man sich halt an die Lebensphase im Moment anpasst. Also wenn sie, die Mama, jetzt eine Möglichkeit hat, sich da jetzt beruflich weiterzuentwickeln und er gerade das da hinplätschert, na dann tritt er zurück. Wenn das klappt und wenn man das ausmachen kann, ist es super. Aber was war dann das Problem? bei euch, bei euch diese Freundschaft? Tabea: [8:08] Da war das Thema, sie dachte, ich verurteile sie, weil sie den Job nicht annimmt, weil sie nicht 40 Stunden arbeiten möchte. Ich habe sie verurteilt, weil sie nicht darüber nachgedacht hat, ob das eine Option wäre mit verschiedenen Möglichkeiten. Aber ist vielleicht gar nicht so das allerbeste Beispiel für, wie ich mit über Eltern gedacht habe davor. Ich glaube, man erkennt vieles erst, wenn man in einer Situation ist. In der Theorie macht so viel mehr Sinn und ich habe teilweise eine sehr starke Meinung. Diese Meinung hat sich aber im Laufe der Jahre doch immer wieder mal geändert. Wenn ich es anders gesehen habe oder selber erlebt habe, kann man mir vorwerfen, kann man jetzt sehr positiv sehen im Sinne des Growth Mindsets und so weiter und so fort. Aber ich glaube wirklich, um vielleicht auf dieses größere Ganze zu gehen, Jede Familie muss für sich das richtige Konzept finden. Und ich kann jetzt wieder auf ein bisschen viel Vorschläge machen, was habe ich gesehen in den unterschiedlichsten Familienkonstellationen, wie es funktioniert hat, aber ob sie Familie annimmt oder nicht annimmt, es ist mir nicht egal, egal, aber es kann mir im Grunde genommen egal sein, weil es muss für die Familie passen und es muss nicht für mich passen. Bernhard: [9:22] Genau, und wer bin ich, der sich mein vielleicht für mich erfolgreiches Lebenskonzept über andere überstülpen möchte? Tabea: [9:29] Absolut. Bernhard: [9:29] Wenn es für dich passt, schön. Nimm dir, was du brauchst, nimm, was gut für dich ist, aber da bin ich ganz bei dir. Hattest du damals schon überhaupt, war das für dich Thema, dass du gesagt hast, okay, wie stelle ich mir das vor? Also hast du mit dem Vater deiner beiden Kinder darüber gesprochen, wie ihr euch das vorstellt? Also ich finde nämlich auch das war, um das vorauszuschicken zwischen meiner Frau und mir, das Problem ganz zu Beginn, dass wir halt einfach nicht darüber gesprochen haben, wie wir uns das vorstellen. Und dann hatten wir beide unterschiedliche Vorstellungen, die dann natürlich beide enttäuscht wurden. Tabea: [10:00] Ja, kann ich eigentlich so bestätigen. Bevor wir schwanger waren, haben wir eigentlich nicht drüber geredet, weil irgendwie wird dann eh alles funktionieren, wir werden jetzt alles total klar sein und easy-cheesy und wir sind top-strukturierte, effiziente Menschen. Bernhard: [10:12] Natürlich wart ihr das auch. Tabea: [10:13] Waren wir auch. Und bis zu einem gewissen Grad sind wir es jetzt immer noch nur auf einer ganz anderen Ebene und schon klieren. Darin sind wir jetzt richtig gut geworden. Bernhard: [10:22] Aber dann skizziere vielleicht einmal, weil wenn wir Glück haben, hören da jetzt Menschen zu, die vielleicht so denken wie die Tabea und der Bernhard, bevor sie Kinder hatten. Ich möchte nicht sagen, dass man dafür, dass man jetzt, wenn man Kinder hat, weiß man nicht alles. Aber es hat jetzt gerade erst in den letzten Folgen ein Interviewpartner, der Lukas Lattinger, Wienhaut, der Moderator, Er hat seine eigene Urgroßmutter zitiert, die gesagt hat, wer keine Kinder hat, weiß nichts. Möchte ich jetzt auch nicht unterschreiben. Ist eine Ur-Oma-Aussage. Aber in Bezug auf Verständnis für Familie, Wichtigkeit für Familie, tue ich mir mit Menschen, die selber in derselben Situation sind, meistens leichter. Tabea: [11:04] Ja. Ich weiß jetzt nicht, wie ich beantworten soll. Bernhard: [11:09] Musst du gar nicht beantworten. Das war ja eine Aussage von mir, die nicht unbedingt eine Antwort ist. Ich weiß nicht, wie ich darauf reagieren soll. Musst du gar nicht. Aber die Erfahrung auch in meinem Berufsleben, in meinem Erwerbsleben zeigt mir, dass wenn Menschen selbst Kinder haben, verstehen sie deinen Zugang zur Wichtigkeit von Kindern. Und vor allem auch dieses Abwiegen, da ist einfach eine weitere Geschichte, für die die Verantwortung übernehmen muss, nicht nur für dich selbst. Das kennst du halt wahrscheinlich eher nur, wenn du es selbst hast. Tabea: [11:37] Um den Bogen wieder zum Berufsleben zu spannen und vielleicht war das jetzt auch der Grund, warum ich so gezögert habe. Wenn man in ein Klischeebild denkt, Führungskräfte von heute ab 45 plus männlich haben wahrscheinlich auch Kinder, haben nicht immer das beste Verständnis für älteren Team. Bernhard: [11:56] Richtig, bin ich ganz bei dir. Bei mir war es weiblich, aber trotzdem nicht. Spannend. Bin ich bei dir? Deswegen völlig korrekt. Ich habe jetzt natürlich nur aus meiner Situation gedacht und da waren männliche Chefs nie da, sondern immer nur weibliche und die Probleme waren genau dieselben. Aber was ich hingehen möchte ist, was hat sich denn dann, nachdem die Tabea damals eben noch keine Konfrontation oder keinen Kontakt mit den Herausforderungen der Elternschaft hat, was hat sich dann konkret geändert durch das Mama-Sein? Tabea: [12:25] Was hat sich konkret geendet durch das Mama-Sein? Für mich persönlich war einer der größten Themen und ist es zum Teil immer noch. Und darf man als Vereinbarkeitsexpertin oder einer Person, die in diesem Spektrum arbeitet, zugeben, dass man immer noch Probleme und Herausforderungen hat? Unbedingt. Ja, auf jeden Fall. Woran ich immer noch arbeite ist, ich bin nicht mehr Herr in meiner Zeit. Ich bin total fremdgesteuert. Ich bin ein Mensch, der es immer schon geliebt hat, selbstgesteuert zu sein, selbst entscheiden zu können. Ich habe immer sehr gerne frei gearbeitet mit, ich brauche ein paar Rahmenbedingungen und dann mache ich mein Ding und das hat meistens sehr gut funktioniert. Und auf einmal bin ich nicht mehr diejenige, die selbst entscheiden kann. Dieses, ich setze mich um Abend um neun hin und dann gehe ich um drei schlafen und habe das Projekt fertig gemacht, wenn es gerade sein muss, kann natürlich schon funktionieren, nur am nächsten Tag muss ich aufstehen. Und am nächsten Tag muss ich trotzdem funktionieren. Bernhard: [13:19] Also dir fehlt die Selbstbestimmte, ist das korrekt? Tabea: [13:21] Absolut richtig, absolut richtig. Dieses, ich kann selbst entscheiden, wie und was und wann. Ich muss immer einen Plan B haben. Kind kann nicht in den Kindergarten gehen, weil Durchfall, weil Fieber, was auch immer. Und auf einmal sieht der Tag komplett anders aus und es ist egal, wie ich ihn geplant habe oder wie wir ihn geplant haben und mein Partner und ich, wir teilen uns das wirklich sehr partnerschaftlich auf, wir müssen umplanen, wir müssen umdisponieren. Und das braucht sehr viel Energie, jeden Tag, gerade in so einer Krankheitsphase, neu zu strukturieren, neu zu planen. Das ist dieses einerseits Flexibilität mit Organisation. Es klingt auch wie ein paradox und aber es gehört einfach zusammen und. Bernhard: [14:00] Du sagst dann das hat dich wütend gemacht Tabea: [14:04] Ja, mich hat vor allem diese Identitätsrolle, diese gefühlte, genommene Identität, das hat mich so wütend gemacht, dass ich, oder zumindest gefühlt, gesellschaftlich in eine Schublade geschoben worden bin, aus der ich irgendwie nicht mehr raus konnte. Eben, was ich eingangs gesagt habe, dieses, du bist jetzt Mama. Ja, eh, ich bin Mama, aber ich bin eben noch mehr als, unter Anführungszeichen, nur Mama. Ich bin gerne Mama, aber ich bin nicht 24 Stunden am Tag gerne Mama, sondern will auch andere Dinge besprechen und nicht nur über Windeln, über Stielen, über weiß ich nicht was. Während neben mir mein Mann sitzt und mit ihm über Politik, über Gesellschaft, über Wirtschaft, über ich weiß nicht, was gesprochen wird. Die Leute drehen sich zu mir und sagen, bei mir sind es meine Babysachen. Und ja, wie gesagt, ich rede gerne über meine Kinder und ich liebe meine Kinder. Aber ich liebe auch über andere Dinge zu sprechen. Bernhard: [14:56] Jetzt kam dann das zweite Kind. War da was anders? Inwieweit war da was anders? Tabea: [15:01] In die zweite Karenz bin ich tatsächlich wesentlich entspannter gegangen. Vor allem, weil ich zwischen den Karenzen Arbeitgeber gewechselt habe und 40 Stunden gearbeitet habe, also wirklich Vollzeit gearbeitet habe, mit vielen Dienstreisen, weil ich zeige es allen, dass ich das kann. Und natürlich, und sind wir auch wieder bei dem Punkt, was dachte ich früher bei Eltern, warum gehen die nur Teilzeit arbeiten und so. Natürlich werde ich Vollzeit arbeiten und natürlich werde ich es allen zeigen, dass ich das kann. Es hat auch funktioniert, es war eine großartige Zeit, aber es war auch mörderisch anstrengend. Keine Zeit mehr für sich zu haben, keine Zeit mehr zu haben, abseits von Beruflichen und Familiären einfach Dinge zu erledigen, was nur mehr zwischen Türen angeln und irgendwie gemacht wird oder aufgeschoben wird. Man muss sich einen halben Urlaubstag dafür nehmen. Puch, war anstrengend, würde ich in der Form wahrscheinlich nicht mehr so machen. Aber auf die Frage, was hat sich zwischen den Karenz oder zwischen den Kindern getan, in die zweite Karenz bin ich wesentlich entspannter gegangen, weil ich wusste, ich habe verschiedene Rollen, ich habe verschiedene Identitäten und ich kann jede so gestalten, wie ich sie möchte. Zweites Wunschkind, es hat funktioniert, es ist gesund, mir geht es gut, uns geht es gut, großartig, jetzt genieße ich die Situation und bin dann auf meinen Business Case gekommen. Bernhard: [16:13] Genau, das war dann irgendwie aus der ganzen Geschichte heraus, dass du gemeint hast, du schaust dir das eigentlich mit einem... Was quantitativ oder qualitativen, jedenfalls in Form von Befragungen deines Umfelds an, ob es nur dir so geht und Spoiler-Nein. Tabea: [16:32] Das sage ich auch immer im Scherz, mein Unternehmen wurde nicht in der Garage gegründet, sondern am Spielplatz und in der Küche, weil ich wirklich Eltern gefragt habe, wie geht es euch, was macht ihr, wie schaut bei euch die Karenz aus, wie schaut bei euch die Aufteilung aus, wie schaut der Wiedereinstieg aus, wie schaut dann das tatsächliche Leben als berufstätiges Elternteil aus. Und habe sehr schön in der Design-Thinking-Manier einerseits wirklich Umfragen gemacht, also sowohl, oh Gott, jetzt fällt mir das richtige Wort, diese tatsächlichen persönlichen Interviews. Bernhard: [17:01] Ja, genau. Tabea: [17:02] Ja, hat einen bestimmten Namen. Bernhard: [17:04] Wird es sicher haben, aber ich glaube, Interview passt, ja. Tabea: [17:06] Ein Interview, aber auch mit einer Online-Umfrage, einer anonymen Online-Umfrage und habe so meinen Business-Case immer und immer wieder überarbeitet, weil nichts schlimmer als am Markt vorbeizuproduzieren, wenn man ein Business aufziehen möchte. Habe dann begonnen mit ganz vielen unterschiedlichen Dienstleisterinnen, absichtlich nicht gegendert, weil es wirklich nur Frauen waren, die in dem Spektrum Geburten, Schwangerschaften, Karenzen arbeiteten. Bernhard: [17:27] Als Papa-Podcaster kenne ich das. Außer mir selbst sind hier nur Frauen. Tabea: [17:31] Sind wieder beim Exoten. Habe ich Interviews geführt, um wirklich das Problem zu verstehen. Was ist denn der eigentliche Kern? Und habe so immer, also durch diese Schlaufen bin ich immer mehr in meine Nische geraten. Und meine Nische ist das Elternkarenzmanagement bei Unternehmen, mit Unternehmen und wie gesagt mit den Eltern- und Führungskräften im Unternehmen, weil da mitunter der größte Hebel für so viele strukturellen Punkte ist. Ich kann nicht alles lösen, also es wäre schön, wenn ich alles lösen könnte, ich bin so realistisch, ich weiß es nicht, aber ich kann zumindest sehr viele Impulse dadurch setzen, wie es dann langfristig leichter für die Familien sein könnte. Bernhard: [18:10] Was waren denn die häufigsten Muster, die du da in diesen Gesprächen und auch mit der Umfrage gesehen hast, die sich so irgendwie durchziehen? Also was sind die Herausforderungen, die die Leute haben? Tabea: [18:20] So wie ich es vorhin gesagt habe, die Gründe, warum die Mütter vor allem nicht zurückkehren, ist die fehlende Wertschätzung seitens des Arbeitgebers, ist die fehlende Vereinbarkeit, Stichwort am Land oder auch in der Stadt, aber Kinderbetreuung. Wenn ich mein Kind um neunes in den Kindergarten bringen kann, aber um acht Uhr im Büro sitzen muss, dann wird es sich nicht ganz ausgehen, außer ich organisiere wiederum alles drumherum, was viel Energie braucht. Aber so wie gesagt, die fehlende Vereinbarkeit, die fehlende Wertschätzung und eben der Karriereknick, dass man beim Wiedereinstieg oder beim Gespräch des Wiedereinstiegs draufkommt, naja, meine Rolle gibt es nicht mehr, meine Position gibt es nicht mehr. Jetzt bin ich zwar im Team, aber ich war davor Senior, weiß ich nicht was. Und auf einmal bin ich gefühlte Teamassistenz, weil da so viele Bilder oftmals der Kollegin, der Kollegen, der Führungskräfte vorherrschen. Ja, okay, dann Geburtstagsfest, kannst du den Kuchen bitte organisieren? Tabea: [19:10] Ja, kann ich schon machen, aber gleichzeitig gibt es fünf andere Leute im Team, die das auch machen können. Ein ganz, ganz großer Punkt auch, und das hat sich auch jetzt nicht nur in den Interviews gezeigt, sondern auch wirklich durch Literaturrecherche. Es gibt in Österreich, in Deutschland, in der Schweiz und in Japan einen ganz starken Retraditionalisierungseffekt. Das bedeutet, selbst wenn ich in einer gleichberechtigten Beziehung vor der Schwangerschaft, vor der Karenz war, ab dem Zeitpunkt der Karenz ändert sich diese Balance und ich bin nicht mehr als Mutter, meistens Mutter, ich rede jetzt sehr in Klischees, aber es ist meistens die Mutter, bin ich nicht mehr ganz auf der gleichen Augenhöhe wie mein Partner, weil mein Partner geht in die Arbeit, er ist der, der die Familie ernährt. Ich halte ihm den Rücken frei, weil er uns eben ernährt. Und ich bin die Mutter, die zu Hause alles schupft und macht und Haushalt und Kinder und die ganze Care-Arbeit, die gesellschaftlich nicht gleichgestellt ist mit der Erwerbstätigkeit. Das heißt, er passiert in der... Bernhard: [20:09] Du meinst im Ansehen, weil... Tabea: [20:12] Im Ansehen, in der Bezahlung... Bernhard: [20:14] Ja, in der Bezahlung, okay. Also in der materiellen Wertschätzung jetzt einmal, eigentlich hauptsächlich. Tabea: [20:18] Auch in der gesamten Wertigkeit. Bernhard: [20:19] Also hast du das Gefühl, dass als Mutter keine hohe Wertschätzung ist? Tabea: [20:25] Das klassische Beispiel ist, ich gehe mit dem Kinderwagen mit den Kindern spazieren oder am Spielplatz und es ist allen wurscht. Mein Partner geht mit dem Kinderwagen mit den Kindern spazieren oder am Spielplatz und er wird bejubelt nach so einem doller Vater. Es ist die komplett gleiche Tätigkeit, aber die Wertigkeit ist eine andere, weil einmal hat es die Frau und einmal hat es der Mann gemacht. Bernhard: [20:46] Also umgekehrt so wie, weiß nicht, Frauen in der IT zum Beispiel, da wird sie bejubelt für das Gleiche, was sie leistet wie der Mann. Wie sie bejubelt? Ja, ich vergebe sogar auf der Bühne als Moderator Preise an Frauen in der IT oder in der Forschung oder was auch immer, die nichts anders tun als ihre männlichen Kollegen, aber sie kriegen einen Preis, weil sie halt die Exoten in einem Feld sind, das bis dato Männern vorreserviert war. Finde ich gut, weil ich will das ja anheben. Also ich will ja in den Bereich mehr Frauen reinbringen, deswegen muss ich das Gewöhnliche mehr schätzen. Ist ja auch ein Zugang, wie man möglicherweise mehr Männer in Karenz bringen kann. Also das tue ich ja auch, nicht anders mit meinem Podcast, dass ich hergehe und sage eigentlich, ich sage ja nichts anderes, als schon zigtausende Frauen von mir gesagt haben, aber es kommt von einem Mann, deswegen ist es woanders wert. Das klingt jetzt blöd, Tabea: [21:31] Aber so ist es. Es ist aber leider Gottes genau so gut für dich. Bernhard: [21:34] Aber wenn wir uns darauf einigen, dass wir die Gesellschaft verändern wollen, dann ist ja, wenn man jetzt niemanden tatsächlich verletzt, der Weg dorthin relativ egal, wenn das Ziel ein Gutes ist. Aber ich bin bei dir, ja. Also das ist natürlich total teppert. Aber hast du auch herausgefunden, woran das liegt? Weil das ist ja oftmals eine reflektierte, wenn du sagst, bei euch in der Beziehung partnerschaftlich, wie war das bei euch? War das dann auch so, dass ihr zurückgefallen seid in alte Rollenbilder? Tabea: [22:00] Bis zu einem gewissen Grad ja, weil ich ja selber gesehen habe und auch für mich gedacht habe, ich bin ja zu Hause. Mich stört es, wenn eine Geschirrspüle nicht ausgeräumt ist, wenn das schmutzige Geschirr dort steht. Mich stört es, wenn die Wäsche nicht gemacht ist. Das heißt, ich habe es einfach gemacht, mein Partner ist nach Hause gekommen und es ist erledigt. Und ist ja auch kein Thema, das hin und wieder mal zu machen. Nur jeden Tag zu machen, automatisch dafür verantwortlich zu sein, das ist so das große Thema. Und da haben wir recht schnell die, ich weiß nicht, ob ich eine Notbremse sagen kann, aber da haben wir einfach einen Stopp gemacht. haben gesagt, okay, wir müssen jetzt drüber reden. Und ich habe es immer wieder mal einfordern müssen. Ich weiß, du bist erwerbstätig, ich weiß, du hast einen stressigen Job. Ich bin den ganzen Tag mit einem, zwei Kindern zu Hause. Das ist auch stressig, wenn auf einer ganz anderen Ebene. Und vor allem, ich will es nicht machen. Ich will nicht dafür verantwortlich sein, den Geschirrspüler auszuräumen, weil, warum? Und da haben wir uns wirklich hinsetzen müssen, oft reden müssen, Lösungen finden müssen. Natürlich heißt das auch gegenseitig immer mit den Rücken frei halten. Wenn er die stressigen Zeiten hat, dann natürlich mache ich es, aber gleichzeitig, wenn ich die stressigen Zeiten habe, dann macht er das. Das wird einfach nicht mehr, also hin und wieder schon noch diskutiert, aber es wird nicht mehr in dieser Grundsätzlichkeit diskutiert, warum soll es meine Aufgabe sein, nur weil ich zu Hause bin. Bernhard: [23:15] Genau, also ich glaube, da sprichst du jetzt einen Lösungsvorschlag an, der so simpel wie komplex ist, redest du miteinander. Tabea: [23:24] Ja, absolut, absolut. Bernhard: [23:27] Wenn du nicht sagst, was du willst, wird niemand für dich ein Problem lösen. Das ist, glaube ich, einer der größten Schlüssel, die man umdrehen könnte, um in einer Beziehung und in weiterer Folge dann gesellschaftlich etwas weiterzubringen. Das ist ganz, ganz wichtig, weil leider ist es halt einfach oft die Kohle. Bernhard: [23:49] Und das ist halt der nächste Schritt, an dem man es ändern müsste. Aber ich glaube, da kommen wir eh schon rein. Jetzt haben wir so sehr viel gesprochen darüber, den Ansatz Väter und Mütter. Also wenn du jetzt als Vereinbarkeitsexpertin mit Menschen redest, wird einer der ersten Sachen sein, dass du sagst, na, redet es miteinander. Wisst ihr, was ihr wollt voneinander? Dann haben wir diesen einen Part, der ist natürlich nicht fertig, aber das ist ein Teil. Und dann haben wir den Unternehmenspart. Und dann, was sagst du den Unternehmern? Weil die Unternehmen, ich glaube, hinter vorgehaltener Hand, wurscht ob sie Chefin oder Chef sind, sagen und denken sich, man mühsam, jetzt kriegen die Kinder, jetzt sind sie wieder dann nicht da, sind die Kinder krank und dann fallen mir die dauernd aus und so. Ich glaube, das ist der Gedanke nach wie vor von Eltern. Führungskräfte denken so, was ich empfunden habe, über Eltern, ganz egal ob jetzt Frauen oder Männer, wobei es halt einfach gesellschaftlich so ist, dass es zu einem sehr großen Prozentsatz die Frauen sind, die halt einfach dieses Kinderthema übergestübelt bekommen. Und dass da so eben nicht offiziell, vor allem nicht gegenüber der HR-Abteilung oder People and Culture, wie sie offiziell heißt, aber das ist halt, jetzt kennt ihr schon wieder ein Karenz, jetzt kriegt ihr schon wieder ein Kind. Und das ist halt, glaube ich, eine Sache, wo man sehr viel im Kopf ansetzen muss. Aber wie kann man das machen? Hast du da einen Zugang? Oder glaubst du, vielleicht ist das auch gar nicht mehr so? Tabea: [25:14] Da sprichst du nämlich wirklich viele gute Dinge an. Die positive Nachricht ist, die Zeiten ändern sich, zum Teil haben sie sich schon geändert. Dieses Klischeebild, von dem wir vorhin gesprochen haben, 45 plus männliche Führungskraft, die Frau hat einem den Rücken freigehalten, deswegen hat man dieses Verständnis nicht für die Bedürfnisse von Eltern, gibt es natürlich immer noch. Gleichzeitig, es gibt eine Art neue Vatergeneration, die wirklich ihre aktive Vaterrolle einnehmen möchten. Das heißt, sie sind zu Hause geblieben, vielleicht nicht unbedingt in Karenz, Ich glaube, wir sind jetzt derzeit bei 30 Prozent Väterkarenzen. Letztes Jahr waren es noch 20. Tabea: [25:51] Klammer auf, die zwei oder drei Monate in Karenz bleiben. Klammer zu, aber es ist nochmal ein ganz eigenes Thema. Aber ich glaube wirklich, dass sich das Mindset vieler Führungskräfte schon geändert hat, weil sie selber sehen, wie herausfordernd das Familienleben sein kann in Kombination mit dem Arbeitsleben. Dass es anstrengend ist, viele Eltern von kleinen Kindern im Team zu haben, natürlich gerade Grippewelle, die gefühlt jetzt im September schon anfängt und dass die Brillen irgendwann mal aufhören mit Krankheitsfällen, mit einem Drumherum, mit Kindergarten-Eingewöhnungsphasen. Es sind einfach andere Herausforderungen oder ganz bewusst gesagt andere Probleme, als es früher noch war. Weil da war es ganz klar, die Mutter übernimmt das Ganze und der Vater ist in der Arbeit. Und in dem Fall wirklich die Erwerbsarbeit und muss sich nicht mehr drum kümmern. Tabea: [26:43] Durch diesen Bewusstseinswandel der Führungskräfte mit dem Verständnis oder dem besseren Verständnis für Eltern ist schon mal sehr viel getan. Heißt nicht, dass wir fertig sind. Nein, ganz im Gegenteil. Genau da müssen wir jetzt ansetzen mit großartig, dass du es verstanden hast. Wie können wir das jetzt umsetzen, dass es auch wirklich gut im Team weiterhin funktioniert? Und du hast es vorhin schon zweimal gesagt und man kann es nicht oft genug wiederholen. Das A und O ist einfach das Sprechen. Absolut. Es sind meistens, und das sage ich in fast allen Gesprächen, es sind drei Punkte und es klingt so simpel und es ist alles andere als simpel. Das ist die Wertschätzung, das ist die Transparenz und die Kommunikation. Und im Idealfall alles drei. Bernhard: [27:22] Du sprichst genau das an, was mir so gefehlt hat in meinem Unternehmen. All die drei Dinge. Fantastisch, ja? Super. Also absolut Bilderbuch. Gefällt mir extrem gut. Ich glaube, du hast jetzt zwei Sachen angesprochen, die da reinkommen. Auf der einen Seite können sich die Unternehmen es wahrscheinlich in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten eh nicht leisten, dass sie auf Eltern als Arbeitskräfte verzichten. Das heißt, sie müssen Fachkräftemangel und so weiter. Und das Zweite ist natürlich ein Problem, das aufgeht. Es geht ja auch partnerschaftlich oft gar nicht, weil ein Gehalt nimmer reicht. Tabea: [27:54] Wir haben derzeit eine sehr herausfordernde wirtschaftliche Lage slash herausfordernden Arbeitsmarkt. Das heißt, jetzt ist sowieso mal alles schwierig. Auf der einen Seite lassen wir Leute in Unternehmen wirklich gehen und bewusst gehen. Und ich wage die Hypothese aufzustellen, was jahrelang gemacht wurde, dass Karenz eine Art Einsparungsprogramm sind oder ist, wird vielleicht derzeit sogar noch mal stärker gelebt. Das weiß ich nicht, da habe ich keine Zahlen, keine Daten. Also derzeitige, aber das ist wie gesagt eine gewagte Hypothese. Gleichzeitig, du hast es ja selber gesagt, Fachkräftemangel. Bitte haltet eure besten Köpfe im Unternehmen, weil sie gehen zu lassen, nur unter Anführungszeichen, weil sie in Karenz waren, nur weil sie Familie zu Hause haben, ist doch absoluter Schwachsinn. Und ich sage auch jedes Mal in einem Unternehmen, wisst ihr denn eigentlich, wie viel euch diese Fluktuation kostet? Und eine gute Faustregel ist 90 Prozent des Bruttojahresgehalts. Und bei einer Führungskraft, bei einer Spezialistenposition kann das realistischerweise 100.000 Euro kosten. Bernhard: [28:55] Oder mehr. Tabea: [28:56] Ja, und als Unternehmen kannst du dir das so leisten. Jetzt kannst du sagen, okay, ich spare mir das Gehalt etc., aber rechne es dir mal durch. Und deswegen sagen wir, nimm, wie gesagt, einen Bruchteil von diesem Geld, das auf der Straße liegen lässt, investiere es in die Person, die davor auch schon gut gearbeitet hat, damit sie gut wieder einsteigen kann und diese neue Lebenssituation, Lebensrealität, berufstätiges Elternteil gut leben kann. Abseits von, es gibt genügend Studien mit mehr Produktivität, höhere Effizient. Bernhard: [29:23] Die Wissenschaft spricht dafür. Tabea: [29:25] Absolut, gerade Mütter, die Teilzeit arbeiten, wie effizient sie sind. Wenn sie wissen, sie müssen um 14.30 Uhr aus dem Büro rausgehen, weil sie um 15 Uhr ihren zweiten Job starten, nämlich Kinder zu Hause betreuen, weil es keine Nachmittagsbetreuung gibt. Die machen keine Kaffeepausen, die machen nicht einmal Mittagspausen. Sind wir wieder bei dem nächsten Thema. Ob das gut ist. Bernhard: [29:45] Ist eine andere Geschichte, ja klar. Tabea: [29:46] Ja, gleichzeitig ein Business Case nur auf Teilzeitkräften aufbauen ist auch eher wackelig. Ja, ja, gut, ja, ja, ich bestätige es. Aber hier einfach wirklich die Vorteile, das Unternehmen muss sich dessen bewusst sein, was sie sich eigentlich durch den Verlust dieser guten Arbeitskräfte entgehen lassen. Und weil du sagst, Haushalt, also zu dem war der zweiten Punkt, weil du gemeint hast, können sich Familien überhaupt noch leisten, dass der Vater der alleinige Ernährer ist. Bernhard: [30:19] Eine Person habe ich gesagt. Tabea: [30:20] Ja, vollkommen richtig. Kann sich das in der Familie leisten, dass es eine hauternährende Person gibt und eine, die nur der Care-Arbeit zu arbeiten. Bernhard: [30:31] Die nicht erwerbstätig ist. Tabea: [30:32] Nicht erwerbstätig ist. Auch wieder in Klischees denkend, aber von den Zahlen bestätigt, das Einkommen von Frauen wird nur als Zusatzeinnahme im Haushaltseinkommen gesehen. Das heißt, was sie geht nach der Karenz in ihrer Selbstständigkeit und 50 Prozent der EPUs jedes Jahr sind einfach Frauen, nicht alle, aber viele davon eben aufgrund der Vereinbarkeit und arbeiten ihre 15 bis 20 Stunden. Und je nachdem, wie ihr Business Case aussieht, wird man nicht unbedingt reichen damit. Das heißt, es ist ein schöner Zusatz, ein schönes Zusatzeinkommen, dass man links, rechts trotzdem das Ganze alles schupfen kann. Tabea: [31:09] Nach ein paar Jahren, spätestens wenn die Kinder in der Schule sind, kommt man drauf, ups, geht sich doch nicht aus, ich muss jetzt doch wieder in eine Fixanstellung gehen. Dann aber wieder in den Arbeitsmarkt reinzukommen, kann oftmals sehr problematisch sein. Und jetzt können wir das nächste Thema starten mit Pensions-Gap und was das bedeutet, aber das sprengt glaube ich tatsächlich den Rahmen, wobei das ein unfassbar wichtiges Thema ist. Deswegen wirklich der Appell an alle Familien, die hier zuhören und zuschauen, rechnet euch durch, wie viel kostet euch die Karenz tatsächlich mit einem Gehalt, mit zwei Gehältern, welches Karenzmodell macht am meisten Sinn und wie schaut der Wiedereinstieg aus hinsichtlich Stundenanzahl? Und es ist mir vollkommen klar, wenn er 10.000 Euro verdient und sie 2.000 Euro verdienen, dann muss man nicht viel rechnen. Wenn sie aber relativ gleich verdienen oder nur 1.000 Euro Unterschied haben, dann macht es oft mal Sinn ins gehaltsabhängige Modell zu gehen und danach wirklich zu schauen, wie schaffen wir die, Kinderbetreuung, damit wir beide eine möglichst hohe Stundenanzahl haben und auch da wieder Teilzeit ist nicht Teilzeit, Vollzeit nahe, Teilzeit ist wiederum ganz was anderes, aber überleg dir, was macht am besten Sinn, auch langfristig gedacht schon für meine Pension, damit ich nicht in der Pensionsarmut oder in einer finanziellen Abhängigkeit lande. Bernhard: [32:24] Aber auch hier, das heißt, und diesen Rat würde ich jetzt mitgeben, ich gebe nicht keine Ratschläge, aber ich glaube dadurch, dass wir dich als Expertin da jetzt sitzen haben, Empfehlungen, redet es miteinander, überlegt sich alles gut. Genauso wie man sich einen Urlaub durchrechnet, kann man sich auch eine Karenz durchrechnen. Also all das kann man machen. Ratschlag an die Eltern, Ratschlag an die Unternehmen. Was ist das Erste, was du dir denn sagst, wenn die dich als Expertin für Vereinbarkeit im Unternehmen haben. Was sagst du denen? Tabea: [32:49] Haltet mit den Eltern Kontakt während der Karenz. Das ist mitunter der größte Fehler, den die Unternehmen machen und der genau nichts kostet, also wirklich gar nichts kostet, außer alle paar Wochen bis Monate mal eine E-Mail zu schicken, sie zum Sommerfest einzuladen, sie zur Weihnachtsfeier einzuladen, zum Teambuilding einzuladen. Das tut nicht weh, hat aber einfach die größte Wirkung überhaupt. Wenn Elternteile zwei Jahre in Karenz sind, und in Österreich geht man durchschnittlich zwei Jahre in Karenz, wie groß wird die Loyalität sein, zurückzukehren, wenn man genau keinen Kontakt in dieser Zeit hatte, plus wie schnell wird diese Personen wieder eingearbeitet sein, wenn zum Teil neue Mitarbeiter, also neue Kolleginnen und Kollegen im Team sind. Bernhard: [33:31] Neue Systeme. Tabea: [33:31] Absolut richtig. Deswegen haltet Kontakt und schaut, dass ihr sie möglichst früh wieder mit einem geordneten Reboarding, also es ist in dem Fall kein Onboarding, kein Reboarding, ich grüße alle HR und wie viele Leute mit denen einen schönen Wording, dass wirklich durch ein geordnetes Reboarding die Person möglichst schnell wieder eingearbeitet ist, damit es hier keine Produktivitätsverluste gibt. Bernhard: [33:55] Okay, das finde ich super. Das kann man, glaube ich, genauso mitnehmen. Ich möchte jetzt langsam zum Schluss kommen und dich zuerst noch fragen, weil es eine Frage ist, die ich in meinem Podcast immer drinnen habe, weil ich das wahnsinnig spannend finde, weil eben oftmals die Familie so eine Zäsur im Leben ist, also das Gründen von Familie. Und deswegen umso interessanter mit dem Wissen, das du jetzt hast, was du, ich nenne es zurück in die Zukunft, deinem früheren Ich raten würdest. Tabea: [34:20] Ich würde meinem eigenen Ich raten und diesen Tipp habe ich tatsächlich von jemandem bekommen, Tabea, du wirst die Wahrnehmung der anderen über dich nicht ändern können. Und es ist vollkommen egal. Du musst mit dir im Reinen sein und dann geht es dir gut. Genau das würde ich mir zu einem früheren Zeitpunkt wünschen, dass ich es mir rate oder dass es mir jemand geraten hätte. Bernhard: [34:42] Zweitens die Frage, ob man sich das dann selbst glauben würde. Aber das ist eine andere Geschichte. Tabea: [34:45] Ich glaube, wenn ich aus der Zukunft zu mir käme und wieder sage, dann würde ich es mir glauben, weil ich schon so geflasht wäre. Bernhard: [34:51] Ja, das kann natürlich sein. Letzte Sache noch, wo ich dich bitten würde, einen Song auf unsere Playlist hinzuzufügen. Die Playlist des Grauens. Da sind schon alle Sachen drauf, die es so gibt, von Gangnam Style über diverse Weihnachtslieder und was auch immer. Einen Song, der deinen kompletten Spotify-Algorithmus zerstört hat, weil deine Kinder ihn so oft gehört haben, dass du ihn nicht mehr hören kannst. Den gibst du drauf. Tabea: [35:17] Du wirst lachen. Es ist nämlich wirklich immer noch die Weihnachtsbäckerei. Nein. Bernhard: [35:23] Rolf Zukowski in der Weihnachtsbäckerei. Tabea: [35:25] Und inzwischen mag ich es wirklich nicht mehr hören. Bernhard: [35:27] Das verstehe ich. Rolf, falls du uns hörst. Kein Angriff, aber die Nummer ist es. Tabea: [35:32] Ein großartiges Lied, wenn man es nicht eine Milliarde Mal gehört hat. Bernhard: [35:35] Gut. Tabea, ich danke dir vielmals. Ich wünsche dir mit alles ein bisschen viel, wahnsinnig viel Erfolg, auf dass es den Mamas und den Papas und den Unternehmen in Zukunft besser geht. Tabea: [35:45] Vielen, vielen Dank für die Einladung. Hat sehr viel Spaß gemacht. Und ja, dass es den Mamas und Papas und den Unternehmen besser geht in der Zukunft. Papa Mia. Reine Männersache. Bernhard: [35:56] Der Podcast von Papas für Papas. Und für alle, die Papas mögen. Klingt cool, ist es auch.

Kapitel

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Wenn plötzlich nichts mehr passt
04:13
Du bist deine eigene Kundin
10:00
Vor dem ersten Kind war ich gnadenlos
15:01
Ich wollte es allen zeigen
25:14
Kontakt kostet nichts, bringt alles

Bernhard Vosicky

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